Scrum Framework lasst uns Rugby spielen!

Das Wort „Scrum“ steht im Rugbysport für das angeordnete Gedränge. Ziel ist die Eroberung des Balles nach einem Regelverstoß oder dem unerlaubten Vorwärtsspielen des Balles. Die sofortige Einleitung eines koordinierten Angriffes folgt unmittelbar.

Motivierte Teams, welche sich mit anderen Teams messen möchten, verfolgen ein ganz konkretes Ziel. Sie wollen das Spiel gewinnen, komme was wolle! So auch beim Rugby und anderen Wettbewerben zwischen Mannschaften im Sport. Teamsportarten sind reglementiert und geben einen gewissen Rahmen vor. Diese Spielregeln sind wichtig. Sie geben Orientierung und definieren das Spiel. Nur so ist das jeweilige Spiel auch als das zu erkennen, was es ist. Während des Spiels organisiert sich das Team selbst und setzt die geplante Taktik eigenständig um, immer unter Einhaltung der Regeln. Regelverstöße werden durch den Schiedsrichter meist direkt geahndet. Das Team trifft auf dem Feld spontan Entscheidungen, welche manchmal richtig und manchmal falsch sein können. Es wird experimentiert und ausprobiert, um zu sehen, wie der Gegner reagiert und wie das Ziel am besten erreicht werden kann.  

Bei der deutschen Fußballnationalmannschaft beispielsweise wird der Rahmen durch den DFB bestimmt. Die Regeln des Fußballspiels werden durch die FIFA festlegt. DFB und FIFA legen also die Rahmenbedingungen fest. Aber: Die konkrete Spielweise während des Spiels, die Taktik, die Trainingsmethoden, Trainingszeiten und einiges anderes bestimmt die Mannschaft gemeinsam mit ihrem Trainer - völlig autonom, selbstbestimmt und zielgerichtet.

In einem agil ausgerichteten Unternehmen sorgt das Unternehmen für einen konkreten Rahmen und legt Leitplanken fest, an denen sich die Mitarbeiter und Teams orientieren können. Das erfolgt unabhängig davon, ob Scrum, Kanban, XP oder eine andere Methode zur Softwareentwicklung genutzt wird. Die gesetzten Leitplanken dienen der Ausrichtung und gewährleisten, dass das Unternehmen als Ganzes in die richtige Richtung bewegt. Wichtige Punkte hinsichtlich Ausrichtung und Orientierung sind beispielsweise Themen wie die Unternehmens- oder Produktvision, Werte der Zusammenarbeit (wie beispielsweise Offenheit und Vertrauen, Kommunikation auf Augenhöhe), Fehler-, Lern-, oder Verbesserungskultur, experimentelles Denken, hoher Kundenfokus oder auch COPs (communities of practices), Software-Guidelines und viele andere Dinge mehr.

Selbstorganisation und Vertrauen führen zum Ziel 

Zurück zum Spiel: Während des Spiels entscheidet das Team situativ, was das vermeintlich beste Mittel zur Zielerreichung ist und auf welche Art die Dinge umzusetzen sind. Das Team stimmt sich ab, spricht mit einander und gibt denjenigen Mut und Hoffnung, die vielleicht nicht so gut ins Spiel kommen. Sie motivieren und spornen sich gegenseitig an. Der Trainer hat während des Spiels nur bedingt Einfluss, das Management gar nicht. Das Team muss das Spiel selbst spielen und zum Erfolg führen, selbstorganisiert und auf Basis von Vertrauen. Nur wenn Trainer und Management dem Team ihr Vertrauen aussprechen kann Erfolg entstehen. Die Basis dafür ist offener, ehrlicher Umgang miteinander. Das ist der Nährboden für eine gute Partnerschaft. Und nur wenn das Team sowohl befähigt als auch ermächtigt wird, kann eine „Runde Sache“ entstehen. Die Erkenntnis, dass experimentelles Denken sowie eine Kultur der permanenten Verbesserung, des Ausprobierens und Lernens wesentliche Voraussetzungen für Erfolg sind, wird Teams und Unternehmen enger zusammenwachsen lassen.  

Ohne die eben genannten Voraussetzungen und noch einige andere Dinge, welche ebenfalls wichtig sind, würde das Team nicht richtig funktionieren. Sie würden niemals einen Pokal holen und kein Spiel gewinnen können 

Scrum Framework wir wollen agil sein! Aber warum?

Scrum als Rahmenwerk für eine agile Organisation in der Produktentwicklung ist vergleichbar mit den Ansätzen des Teamsports. Mit dem Unterschied, dass wir bei Scrum nicht von einem Spiel sprechen sondern von einem Sprint. Der Sprint dauert häufig 2 Wochen und ist die temporäre Limitierung, vergleichbar mit den Zeitvorgaben eines Rugby oder Fußballspiels. Innerhalb des Sprints entscheidet das Team, was der beste Weg für die Umsetzung der gestellten Anforderungen ist. Beim Rugby möchte das Team das Spiel gewinnen. Scrum-Teams wollen den Sprint schaffen, funktionierende Produkte in top Qualität abliefern und eine hohe Zufriedenheit der Kunden erreichen!

Scrum steht für eine agile Denk- und Arbeitsweise basierend auf Selbstorganisation und Vertrauen. Ohne die eben beschriebene Denkweise mutiert Scrum zu einer reinen Methodik um Produkte zu entwickeln. Wie gut diese Vorgehensweise dann noch in der Praxis funktioniert ist fraglich. Die Ergebnisse werden vermutlich nicht zufriedenstellen sein. So entsteht der Eindruck, dass Scrum nicht funktioniert. Genauso wie Rugby oder Fußball so nicht funktionieren würden oder nur mit unzureichenden Ergebnissen. Permanentes Mikromanagement durch den Trainer oder das Management würde das Spiel der Mannschaft ebenfalls negativ beeinflussen und zerstören. Das Team würde Verantwortung abgeben und nur noch auf Anweisungen reagieren. Kreativität und Engagement sowie Verantwortungsbewusstsein gehen verloren. Am Ende sitzen an den Schreibtischen ferngesteuerte Mitarbeiter, die das Mitdenkenden verlernen und die Eigenverantwortung abgeben.  

Scrum Framework das Allheilmittel für jede Organisation?

Die entscheidende Frage ist: Warum gelingt uns im Sport was im Berufsleben oft noch so schwer fällt? Die Antwort ist ganz einfach: Unsere Einstellung ist das Geheimnis! Was erwarten wir von uns selbst, was erwarten wir von Anderen und wie wollen wir unseren Job leben bzw. erleben? Vertrauen wir unseren Kollegen und Mitarbeitern, oder haben wir ein  Klima von Misstrauen und eine Unternehmenskultur von Weisung und Kontrolle? Wie wollen wir miteinander umgehen?

Scrum ist ein Framework zur agilen Entwicklung von komplexen Produkten in einem dynamischen und wettbewerbsintensiven Umfeld. Es kann die Lösung für viele Herausforderungen im Unternehmen sein und frischen Wind in die Gänge des Büros bringen! Entscheidend für den Erfolg wird die konsequente Umsetzung sein und inwiefern die Menschen bereit sind ihre Einstellung neu zu definieren - auf allen Ebenen des Unternehmens, insbesondere im Management. Nicht umsonst gibt es das Sprichwort: „Der Fisch stinkt immer vom Kopf zuerst.“ Führungskräfte müssen in dieser neuen Welt umdenken und sich vom typischen Hierarchiedenken und Misstrauen gegenüber Mitarbeitern trennen. Spätestens, wenn sie für Unternehmen tätig sind, welche einem hohen dynamischen Wettbewerb ausgesetzt sind und wo maximale Anpassungsfähigkeit gefordert ist.

Agilität wird die Währung der Zukunft für erfolgreiche Unternehmen sein und entwickelt sich derzeit zu einem unverzichtbaren Wettbewerbsfaktor. Studien belegen den überdurchschnittlichen Erfolg von agil aufgestellten Unternehmen im Vergleich zu Wettbewerbern ihrer Branche. Und auch hier gibt es wieder eine schöne und sehr passende Redewendung: „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.“

Scrum ist mehr als nur ein simples Rahmenwerk. Es kann der Auslöser für echten Kulturwandel im Unternehmen sein und echtes Umdenken bewirken. Es reicht jedoch nicht, den Projektleiter eben schnell zum Scrum Master oder Product Owner zu machen und den Titel zu ändern. Oder einfach nur den Scrum Prozess mit seinen Meetings umzusetzen. Damit wird ein Unternehmen eben nicht agil sondern missbraucht die Thematik und betrügt sich selbst.

INSPECT AND ADAPT

Euer Lars Steinmann