Daily und Noonly Haben Ihre Teams Tagesziele?

Ein sehr wichtiges Ritual im Scrum Prozess ist das sogenannte Daily-Standup-Meeting. Ziel ist die Abstimmung im Team hinsichtlich der zu erledigenden Aufgaben im Sprint.

Die Mitglieder des Entwicklungsteams überprüfen gemeinsam und selbstorganisiert den täglichen Fortschritt und hinterfragen kritisch die noch offenen Aufgaben:

Sind wir auf Kurs? Was müssen wir tun, um den Sprint zu schaffen? Wer kann wen unterstützen? Sehen wir irgendwo Hindernisse?

Häufig verkümmert das Meeting zu einer Art Statusreport und es findet kaum Abstimmung bzw. echte Organisation statt. Aus meiner Sicht geht es eben nicht nur darum zu erzählen, was man gestern gemacht hat, was man heute vor hat und ob es vielleicht irgendwo ein Hindernis gibt – die sogenannten „impediments“. Also in dem Sinne, dass jeder einfach nur eine Art Bericht vom Vortag abliefert und dann gehen alle wieder schnell an die Arbeit. Und eigentlich weiß keiner so richtig, wie der Sprint läuft und ob man auf einem guten Weg ist. Hauptsache das Daily wurde gemacht.

Wird schon alles irgendwie klappen hoffentlich! 

Es stellt sich die Frage nach der tatsächlichen Selbstorganisation des Teams. Wissen die Mitglieder im Team nach dem Daily tatsächlich, woran die Kollegen arbeiten? Und hat das Team tatsächlich die Sprinterfüllung als konkreten Focus, also das große Ganze im Blick? Mein Eindruck ist häufig, dass das bei vielen Teams nicht der Fall ist und das Daily als nerviges Ritual wahrgenommen wird. Nach dem Motto: „Wir sprechen doch während des Tages miteinander! Was soll das bringen?“. Auffällig ist, dass Teams ohne Scrum Master häufig gar kein Daily machen. Und selbst wenn der Scrum Master vor Ort ist hängt es oft an ihm darauf hinzuweisen, dass jetzt Daily-Time ist. Das Format wird häufig von den Teams unterschätzt und oft nicht richtig genutzt. Leider!

Worum geht es denn wirklich?

Für mich als Scrum Master ist das Daily elementar und man kann am Ablauf die Qualität eines Teams erkennen. Stimmung, Körpersprache, Art des Umgangs und viele andere Signale geben Auskunft über die Team-Kultur. Und es geht eben nicht nur um die drei berühmten Fragen aus dem Scrum Guide, die ich oben bereits erwähnte. Selbst im Guide steht mittlerweile, dass diese drei Fragen nur ein Vorschlag für den Ablauf des Daily-Standup-Meetings sind und als solches angesehen werden sollen. Entscheidend ist, dass sich das Team wirklich mit dem Sprint beschäftigt und eine echte Abstimmung und Planung für den Tag erfolgt. Wenn das Team zurück an den Rechner geht muss allen klar sein, was an dem Tag abgeht:

  •      Was passiert im Team?
  •      Wer arbeitet konkret woran?
  •      Wer arbeitet mit wem gemeinsam an einer Aufgabe?

Was ist unser Tagesziel?

Eines der erfolgreichsten Teams in meiner Arbeit als Scrum Master hat tatsächlich in jedem Daily eine konkrete Tagesplanung gemacht. Jeden Tag dieselbe Frage: Was wollen wir heute konkret erreichen? Erfolgreiche Menschen machen sich sehr häufig morgens einen Plan, was sie an dem Tag für ein Ziel verfolgen. Sie priorisieren einfach ihre Tagesarbeit. Das Wichtige wird zuerst erledigt und das Unwichtige zum Schluss. Manche erledigen auch zuerst die unangenehmen Dinge des Tages. Was nicht geschafft wurde, wird auf den nächsten Tag übertragen. Same procedure as every day!

Diese Menschen arbeiten selbstorganisiert und konsequent ihre wichtigen Themen ab und folgen ihren Zielen, jeden Tag! Sie verfügen über eine hohe Eigenmotivation und haben stets ihren Weg und ihre Ziele vor Augen.

Teams können dies genauso machen und diese Technik im Daily anwenden. Das Team von dem ich spreche, hat sich täglich Tagesziele gesetzt und an einem Whiteboard festgehalten. Das gesamte Team traf sich vor dem Board und stimmte sich bzgl. des Tagesziels ab. Jeder Einzelne hat mitgeteilt was sein konkretes, persönliches Ziel für den Tag ist und wie er es erreichen wird. Das Team notierte die Aufgaben an dem Whiteboard und einigte sich auf einen konkreten Tagesplan. So entstand jeden Tag eine Liste mit den zu erledigenden Aufgaben. Das Scrumboard gingen wir meist von rechts nach links durch und sprachen zuerst über die bereits erledigten Aufgaben des Vortags. Das interessante dabei: Kein Daily brauchte je länger als 15 Minuten.

Was bedeutet Noonly?

Noonly wurde abgeleitet vom englischen Wort „afternoon“ und steht für das Standup-Meeting am Nachmittag. Das Team hat sich jeden Nachmittag für ein paar Minuten getroffen und darüber ausgetauscht, wo sie aktuell stehen. Die Aufgaben, welche bereits erledigt waren, wurden mit einem grünen Haken auf dem Whiteboard abgehakt. Je mehr Haken auf dem Whiteboard zu sehen waren, desto motivierter war das Team. Häufig waren beim Noonly am Nachmittag bereits überall Haken. Diesen Fortschritt sichtbar zu machen und diesen täglichen Erfolg zu sehen, gab dem Team einen richtigen Schub nach vorn. Wenn noch Themen offen waren, wurde kurz besprochen, wie das Tagesziel erreicht werden könnte. Gemeinsam wurde der Schlachtplan erarbeitet und in die Tat umgesetzt. Jeden Tag aufs Neue - für den maximal erfolgreichen Sprint und natürlich für unseren Product Owner!

Die Abwandlung des Daily-Standup-Meetings ist aus Teamsicht eine Erfolgsgeschichte. Sicherlich gibt es viele Teams, welche andere Arbeitsweisen nutzen und auch sehr erfolgreich sind. Die eben beschriebene Methode könnte ein Weg sein, die es möglicherweise lohnt auszuprobieren. Für mich persönlich ist es wichtig, dass das Daily einen wirklichen Sinn für das Team hat und nicht zum „Reportingtreffen“ mutiert. Probiert es aus und schreibt mir eure Erfahrungen. INSPECT UND ADAPT.

Euer Lars Steinmann